Foto: Gerry Johansson
Eine nach dem Einzug der Nutzer durchgeführte Befragung im Philip Merrill Environmental Center, des ersten LEED-Platinum-Gebäudes in den USA, zeigte eine hohe Zufriedenheit mit dem Tageslicht, trotz vorheriger Bedenken wegen visueller Unbehaglichkeiten (Heerwagen und Zagreus, 2005). Dies legt nahe, dass die Menschen die psychologischen Vorteile von Tageslicht schätzen, auch wenn sich dadurch die Arbeit aufgrund von Blendeffekten und ungleichmäßiger Lichtverteilung schwieriger gestaltet.
Sicherlich unterscheiden sich die visuellen Aufgaben, die wir heutzutage bei der Arbeit zu leisten haben, sehr stark von den täglichen Aufgaben unserer Vorfahren. Tätigkeiten wie Kochen, die Herstellung von Werkzeugen, Unterhaltungen, Nahrungssuche und Jagd konnten unter verschiedensten Lichtverhältnissen durchgeführt werden. Im Gegensatz dazu erfordern das Lesen und die Arbeit am Computer ein deutlich höheres Maß an Sehschärfe, was in bestimmten Tageslichtsituation schwierig sein kann. Dennoch fehlt einer gleichförmig ausgeleuchteten Umgebung, die für Büroarbeiten optimal geeignet sein mag, der psychologische und auch biologische Wert des Tageslichts.
Einstellungen zu Tageslicht und elektrischem Licht
Im Rahmen einer Studie in einem Bürohochhaus in Seattle wurden die Angestellten gebeten, die jeweiligen Vorzüge von Tageslicht und elektrischem Licht für das psychische Wohlbefinden, die allgemeine Gesundheit, Sehfähigkeit und Arbeitsleistung sowie für Arbeiten, bei denen es auf genaues Beobachten ankommt, und die ästhetische Wirkung des Büros zu vergleichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Befragten Tageslicht bei allen Varianten besser einstuften als elektrisches Licht, insbesondere unter den Aspekten psychisches Wohlbefinden, Gesundheit und Ästhetik. Bei Sehaufgaben stuften sie Tageslicht und elektrisches Licht als gleichwertig ein.
Auch bei Untersuchungen im Krankenhausumfeld, bei denen die Relation von Tageslichtniveau in Zimmern und der Aufenthaltsdauer der Patienten untersucht wurde, stellte sich heraus, dass bipolare Patienten in hellen, nach Osten ausgerichteten Zimmern durchschnittlich 3,7 Tage weniger im Krankenhaus blieben, als Patienten in nach Westen ausgerichteten Zimmern (Benedetti und andere, 2001). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Beauchamin und Hays (1996) bei stationär behandelten psychiatrischen Patienten: Diejenigen in hellen Zimmern blieben durchschnittlich 2,6 Tage weniger im Krankenhaus. Allerdings liefert keine dieser Studien Daten zu den tatsächlichen Lichtniveaus in den Patientenzimmern oder zu den Lichtmengen, die auf die Netzhaut der Patienten trafen. Schlussfolgerungen zum tatsächlichen Lichtangebot sind daher schwierig.
Bei neueren Forschungen in einem Krankenhaus in Pittsburgh wurden die tatsächlichen Helligkeitswerte in den Zimmern gemessen. Walch und andere (2005) untersuchten 89 Patienten, die sich einem Wirbelsäulen- oder Halswirbelsäuleneingriff unterzogen haben. Die Hälfte der Patienten war in Zimmern auf der hellen Seite des Krankenhauses untergebracht und die andere Hälfte in einem Krankenhausflügel, dessen Nachbargebäude die Sonneneinstrahlung in den Zimmern blockierte. Das Untersuchungsteam protokollierte die Arten und Kosten der Medikation sowie die psychische Verfassung am Tag nach dem Eingriff und am Entlassungstag.
Außerdem führten die Forscher umfangreiche fotometrische Messungen des Lichtangebots in den einzelnen Räumen durch. Dazu zählten auch die Lichtstärke an den Fenstern, an der dem Patientenbett gegenüberliegenden Wand und am Kopfende des Bettes (also vermutlich in nächster Nähe der Augen des Patienten). Die Ergebnisse zeigten, dass das Sonnenlichtangebot bei Patienten in helleren Zimmern 46 % höher lag. Die Patienten in den hellsten Zimmern nahmen 22 % weniger Schmerzmittel/Std. ein, empfanden weniger Stress und hatten marginal weniger Schmerzen. Die Arzneimittelkosten für die Patienten in den hellsten Zimmern sanken um 21 %. Welche Mechanismen jedoch für den Zusammenhang von Lichtangebot und Schmerzen verantwortlich sind, ist derzeit noch nicht bekannt.
Weitere mögliche Vorteile von Tageslicht in Innenräumen sind eine höhere Vitalität, weniger Müdigkeit am Tag und ein Rückgang von Angstzuständen. Beispielsweise zeigt eine groß angelegte Studie zum Lichtangebot für Büroangestellte während des Winters in Schweden, dass Stimmung und Vitalität bei gesunden Probanden durch helles Tageslicht verbessert wurden (Partonen und Lönngvist, 2000). Einer anderen Studie zufolge reduziert sich die nachmittägliche Müdigkeit bei gesunden Erwachsenen, wenn sie eine halbe Stunde in hellem Tageslicht am Fenster saßen (Kaida et al., 2006). In dieser Studie lagen die Tageslichtniveaus, abhängig von der Himmelsbedeckung, zwischen ca. 1.000 Lux und mehr als 4.000 Lux. Kaida et al. fanden heraus, dass Tageslicht fast so effektiv wie ein kurzes Schläfchen war, wenn es darum ging, die Müdigkeit nach dem Mittagessen zu verringern und die Aufmerksamkeit zu steigern.