Foto: Thekla Ehling
Fazit
Gestaltungskonzepte zur Förderung von Wohlbefinden und Gesundheit umfassen eine Fülle von Kriterien. Grundsätzlich sollte die Gestaltung quantitative Anforderungen an die Gesundheit erfüllen, aber auch ergänzungs- und anpassungsfähig genug sein, um ein gesundheitsförderndes Nutzerverhalten zu unterstützen. Bei dem Versuch, ein technisch „perfektes“ Umfeld zu schaffen, laufen wir Gefahr, die Wichtigkeit der Stimuli außer Acht zu lassen, die die Nutzer zur Aktivität, Wahrnehmung und sozialen Interaktion anregen.
Gestaltungskonzepte sollten Anreize für positive Verhaltensänderungen setzen, nicht durch Bequemlichkeit und die übermäßige Kontrolle der Umgebung, sondern durch eine Reihe geeigneter Reize. Ein Extrembeispiel hierfür ist das „Bioscleave House“ von Gins und Arakawa, das in der Absicht gestaltet wurde, „das Leben durch Herausforderung zu stärken … zur physiologischen und psychologischen Erneuerung anzuregen durch eine Wohnumgebung, die bewusst unkomfortabel ist“.¹⁰ Dies wird unter anderem durch wechselnde Deckenhöhen, unterschiedliche Farbgebung, unebene und geneigte Fußböden sowie unbequeme Türgrößen erreicht. Dieser bewusst zu Verwirrung stiftende Ansatz mag extrem sein, eine gemäßigtere und pragmatischere Inszenierung der Architektur kann aber durchaus zur Förderung des Wohlbefindens beitragen.
Eine der Chancen der Architektur liegt darin, dass sie mit der Gestaltung von Form, Raum und Material unsere Beziehung miteinander und mit unserer Umwelt prägt. Es werden die räumlichen Rahmenbedingungen für die Interaktionen des Lebens geschaffen. Und zwar auf eine Weise, die unser Wohlbefinden steigert, unser Leben bereichert, es gesünder und angenehmer gestaltet. Zum Beispiel durch einen Sonnenstrahl an einem Fensterplatz in der Loggia, der einen Moment der Wärme und Ruhe schafft, kombiniert mit einem Blick in die Natur, weichen und schalldämmenden Sitzpolstern und dem angenehmen haptischen Gefühl des glatten Griffs beim Verstellen eines Holzfensterladens.
Unser Wohlbefinden ist mit solchen Momenten der Freude eng verknüpft. Wir begegnen solchen Stimuli ständig in unserem Alltag, oftmals ohne dass sie geplant wären oder bemerkt würden. Für eine kumulative Wirkung lassen sie sich in einem Gebäude jedoch auch gezielt entwerfen und planen. Eine Studie zeigt beispielsweise, dass ein ganzheitlicher Ansatz für die Gestaltung von Schulen und Büros die Leistungsfähigkeit steigern kann. In ähnlicher Weise fördert die ganzheitliche Gestaltung von Krankenhäusern die Heilung. Ein schlechtes Gebäude bietet wenige solcher Momente und lässt unser Leben verkümmern, während gelungene Architekturen viele Momente der Freude schafft und so die „Fünf Wege zum Wohlbefinden“ unterstützen.
Quellen:
- Foresight. (2008). Mental capital and well-being (Geistiges Kapital und Wohlbefinden). London: The Government Office for Science.
- Aked, J., Thompson, S., Marks, N., & Cordon, C. (2008). Five ways to well-being: The evidence (Fünf Wege zum Wohlbefinden: Belege). London: New Economics Foundation.
- US DHHS. (2000). Healthy people 2010: Understanding and improving health (2nd ed.) (Gesunde Menschen 2010: Gesundheit verstehen und verbessern (2. Ausgabe)). US Department of Health and Human Services. Washington D.C.: US Government Printing Office.
- Baker, N., Rassia, S., & Steemers, K. (2011). Designing for occupant movement in the workplace to improve health (Gestaltung für die Bewegung von Nutzern am Arbeitsplatz zur Förderung der Gesundheit). 5th International Symposium on Sustainable Healthy Buildings (S. 25 – 33). Seoul: Centre for Sustainable Healthy Buildings, Kyung Hee University.
- Lifetime Homes (Häuser fürs Leben). (2011). Lifetime Homes Design Guide (Gestaltungsleitfaden für Häuser fürs Leben). Watford: BRE Press.
- Mehta, R., & Zhu, R. (2009). Blue or red? Exploring the effect of colour on cognitive task performances (Blau oder rot? Der Einfluss von Farben auf die Leistungsfähigkeit bei kognitiven Aufgaben). Science, 1226 – 1229.
- Meyers-Levy, J., & Zhu, R. (2007). The influence of ceiling height: The effect of priming on the type of processing that people use (Der Einfluss der Raumhöhe: Die Wirkung von Grundierungen auf verwendete Verarbeitungsarten). Journal of Consumer Research, 174 – 186.
- Vartaniana, O., Navarrete, G., Chatterjee, A., Fich, L., Leder, H., Modrono, C., et al. (2013). Impact of contour on aesthetic judgments and approach-avoidance decisions in architecture (Die Wirkung von Konturen auf die ästhetische Beurteilung und Annäherungs-Vermeidungs-Entscheidungen in der Architektur). PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences, USA), 10446 – 10453.
- Unwin, S. (2015). Twenty-five buildings every architect should understand (25 Gebäude, die jeder Architekt verstehen sollte). Abingdon: Routledge.
- King, D., Thompson, P.,&Darzi, A.(2014).Enhancing health and well-being though ‘behavioural design’ (Gesundheit und Wohlbefinden durch „Behavioural Design“). Journal of the Royal Society of Medicine, 336 – 337.