Die Gestaltung der Klassenzimmer soll Kinder anregen – aber nicht zu sehr!


Von VELUX Commercial
Das Verwaltungsgebäude Aarup wurde in eine Tagesstätte bzw. einen Kindergarten umfunktioniert
Das Verwaltungsgebäude Aarup wurde in eine Tagesstätte bzw. einen Kindergarten umfunktioniert

Schulen sind hochkomplexe Umgebungen, in denen es zu einem Zusammenspiel vielfältiger Faktoren kommt, die das Erleben der Kinder bestimmen, sei es körperlich, geistig oder sozial.

Eine Frage beschäftigt Pädagogen und Politiker immer wieder: Was macht eine Schule erfolgreicher als eine andere?

Wenn wir über die gängigen Überlegungen zu verfügbaren Ressourcen, sozialen Einzugsgebieten etc. hinausblicken, dann treten verschiedene Faktoren zutage. Eines scheint klar zu sein: Schon die Gestaltung des Schulgebäudes spielt eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer optimalen kindgerechten Lernumgebung.

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Wann wird es zu viel?

Schulen müssen Lernenden ein anregendes Umfeld bieten, wann jedoch wird es zu viel des Guten? Studien zur Gestaltung britischer Pubs haben gezeigt, dass ein überraschend hoher Anteil an gewalttätigem oder unflätigem Verhalten tatsächlich vermieden werden kann, wenn die richtigen Strategien hinsichtlich Architektur und Inneneinrichtung umgesetzt werden. Wird beispielsweise ein Übermaß an leuchtenden Farben eingesetzt, so fördert dies solche negativen Verhaltensweisen.

Vergleichbare Erkenntnisse lassen sich auch auf Schulen übertragen. Studien zeigen, dass Schulen die Leistung ihrer Schüler verbessern können, indem sie ihr Augenmerk auf die visuellen Bedingungen in den Klassenzimmern richten. Dazu gehören die Komplexität der Struktur eines Klassenzimmers, die dekorativen Farben, die Informationsebenen auf Tafeln und Präsentationsflächen, der Sinn für Ordnung und Unordnung sowie die Qualität der Beleuchtung.

Zu viele lebhafte Farben und überfrachtete visuelle Darstellungen führen bei Kindern leicht zu einer Überstimulation, auf der anderen Seite ist aber auch die schlichte weiße Wand ohne jede Anregung nicht unbedingt eine Lösung. Kinder brauchen Räume, in denen sie sich konzentrieren können, aber sie brauchen auch Anregungen, die ihre Neugierde wecken und den Lernprozess antreiben.

Wissenschaftliche Studien scheinen dies zu belegen. Eine Untersuchung von Godwin und Fisher (2014)² hat gezeigt, dass Kinder mit „geringer visueller Ablenkung“ weniger Zeit abseits ihrer Arbeit verbrachten und höhere Lernergebnisse erzielten als Kinder mit „hoher visueller Ablenkung“. Dabei ergab sich auch, dass die Lernergebnisse in schlichten Klassenzimmern höher waren als in reich ausgeschmückten.

Read et al (1999)³ fanden hingegen heraus, dass gegliederte Räume mit unterschiedlichen Deckenhöhen und Wandfarben den Gemeinschaftssinn stärken. Dabei wird allerdings eingeräumt, dass sich dieser Effekt umkehrt, wenn der Raum zu komplex wird. Harmonie und Ausgewogenheit sind also gefragt.

Zurückhaltung bei der Klassenzimmergestaltung

Die Studie „Clever Classrooms“ (2015)¹ beleuchtete die Raumwirkung von 153 Klassenzimmern auf 3.766 Schüler in verschiedenen Schulen in ganz Großbritannien. Dabei wurde festgestellt, dass ein gewisses Maß an Stimulation in den Klassenzimmern, vor allem Komplexität der Gestaltung und Farbgebung, etwa ein Viertel der Gesamtwirkung auf die Leistung ausmacht, die auf einschlägige Faktoren zurückzuführen ist. Sowohl eine zu hohe als auch eine zu niedrige Komplexität führt also zu ungünstigeren Lernbedingungen, wohingegen eine mittlere visuelle Komplexität optimal ist.

Wie erreichen wir dieses optimale Maß an Stimulation? Die Studie liefert folgende Empfehlung:

  • Fußböden sollten genügend optische Abwechslung bieten, um die Aufmerksamkeit der Schüler anzuregen, jedoch gleichzeitig ein gewisses Maß an Ordnung zu vermitteln. Komplexität kann positiv zur Stimulation beitragen, vorausgesetzt, es wird dadurch keine optische Unruhe erzeugt.
  • Visuelle Darstellungen an den Wänden sollten gut gestaltet und gegliedert sein, 20 bis 50 % der Wandflächen sollten der Empfehlung nach frei gehalten werden.
  • Fenster sollten möglichst frei von Präsentationsmaterial sein, um den Lichteinfall nicht zu behindern.

Die Farbwahl – am besten hell und leuchtend?

Wer oft Kinder um sich hat, weiß um die starke Anziehungskraft leuchtender Farben. Im Klassenzimmer sollten Farben jedoch wohl überlegt eingesetzt werden. So haben Jalil et al (2012)⁴ untersucht, wie sich unterschiedliche Farben auf die Arbeitsleistung auswirken, bestimmte Verhaltensweisen hervorrufen, positive oder negative Wahrnehmungen erzeugen sowie Stimmungen und Emotionen beeinflussen. Ihr Fazit: Eine farbenfrohe Umgebung hat erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Lernfähigkeit als auch auf das Wohlbefinden der Schüler.

In der Studie „Clever Classrooms“ wurden Elemente in gedeckten hellen Tönen (weiß/dezent) mit leuchtenden Farben (rot/orange) in ihrer Wirkung verglichen. Wieder erwies sich die Stimulation durch den Einsatz von Farbe als kurvilinear, d. h. die besten Ergebnisse wurden im mittleren Helligkeitsbereich erzielt.

Alles in Maßen

Wenn es also um die Gestaltung eines Klassenzimmers geht, so sollten Pädagogen die goldene Mitte anstreben. Natürlich darf ein Klassenzimmer niemals öde und langweilig sein – Kinder haben schließlich eine natürliche Neugier und Entdeckungsfreude. Gleichzeitig ist jedoch Reizüberflutung zu vermeiden. Ein Klassenzimmer sollte eine harmonische Ordnung ausstrahlen, wenn wir die Potenziale unserer Kinder wecken wollen. Architekten sollten Hand in Hand mit Forschern, Pädagogen und Schulleitern zusammenarbeiten, um optimale und zukunftsorientierte Lernumgebungen zu gestalten.

Quellen

  1. Clever Classrooms (2015), Summary report of the HEAD project, University of Salford, Manchester
  2. Godwin and Fisher: Visual Environment, Attention Allocation, and Learning in Young
    Children: When Too Much of a Good Thing May Be Bad. 2014
  3. Read et al: Impact of Space and Color in the Physical Environment on Preschool Children’s
    Cooperative Behavior, Environment and Behavior. 1999
  4. Jalil et al: Environmental Colour Impact upon Human Behaviour: A Review. 2012.

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